Vorzeitige Auflösung einer Direktversicherung – bAV


Funktioniert eine vorzeitige Auflösung einer bAV Direktversicherung im laufenden Arbeitsverhältnis?

Grundsätzlich ist dieser Weg nicht vorgesehen, kann aber im Rahmen einer Abfindungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber (Versicherungsnehmer) und Arbeitnehmer (begünstigte versicherte Person) einvernehmlich, während einer aktiven Beschäftigung einer bereits gesetzlich unverfallbare Anwartschaft (ohne Rechtsanspruch) abgefunden werden. Die häufig damit verbundene Erwartung, dass die Auszahlung des ausgewiesenen Vertragsguthabens vollständig zur Verfügung steht, ist jedoch ein Trugschluss. Schließlich ist auch die betriebliche Altersvorsorge ein Förderprodukt (ersparte Steuern und Sozialabgaben) in der 2.  Schicht zur Altersvorsorge in Deutschland.

Achtung!

Die Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft ist gemäß § 3 Abs. 1 BetrAVG nur im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verboten.  Die im Gesetzestext verwendete Formulierung „im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ ist allerdings weit auszulegen. Das Abfindungsverbot gilt bereits dann, wenn die Abfindung im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt.

1. Versteuerung der “Abfindung”

Als Abfindung gewährte Rückkaufswerte aus einer Direktversicherungszusage sind als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG zu versteuern. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die Beiträge zur Finanzierung der Leistung steuerfrei gemäß § 3 Nr. 63 EStG waren oder gemäß § 40b EStG in der Fassung vom 31.12.2004 pauschal versteuert wurden. Waren die Beiträge steuerfrei, ist der Rückkaufswert vollständig steuerpflichtig. Wurden die Beiträge gemäß § 40b EStG in der Fassung vom 31.12.2004 pauschal versteuert, wird grundsätzlich nur der Ertragsanteil besteuert. Vollständig steuerfrei ist der Rückkaufswert einer Direktversicherung gemäß § 40b EStG in der Fassung vom 31.12.2004, wenn die Direktversicherung mindestens 12 Jahre bestand und eine mindestens 5-jährige Beitragszahlungsdauer vereinbart war (§ 52 XXVIII Satz 5 EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der Fassung vom 31.12.2004). Sofern die Abfindung zu versteuern ist, hat der Arbeitnehmer die notwendigen Angaben in seiner Steuererklärung vorzunehmen. Die Versicherungsgesellschaft hat dem Arbeitnehmer gemäß § 22 Nr. 5 Satz 7 EStG eine Bescheinigung über die zu versteuernden Beträge auszuhändigen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die auf den Rückkaufswert zu zahlenden Steuern einzubehalten und abzuführen.

2. Beitragspflicht in der Sozialversicherung

Die Sozialversicherungsträger haben trotz zweier entgegenstehender Entscheidungen des Bundessozialgerichts lange Zeit die Auffassung vertreten, Abfindungen einer betrieblichen Altersversorgung seien grundsätzlich als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV zu sehen und daher beitragspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung. Lediglich bei zulässigen Abfindungen wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses stellte der Abfindungsbetrag gemäß bisheriger Auffassung der Sozialversicherungsträger kein Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV dar. Eine solche Abfindung wurde jedoch als kranken- und pflegeversicherungspflichtiger Versorgungsbezug nach § 229 SGB V angesehen, wenn der Arbeitnehmer das 59. Lebensjahr bereits vollendet hat. Die Sozialversicherungsträger hatten die beiden entgegenstehenden Enscheidungen des BSG als Einzelfallentscheidungen angesehen. Das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24.03.2015 hat bei den Sozialversicherungsträgern dann offenbar zum Umdenken geführt. In seinem Urteil vom 24.03.2015 (Az. 11 R 1130/14) hat das LSG Baden-Württemberg entschieden, dass die Abfindung einer betrieblichen Altersversorgung kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist und daher weder in der gesetzlichen Rentenversicherung noch in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung Beiträge zu leisten sind. Die Abfindung für die Anwartschaft einer betrieblichen Altersversorgung stelle jedoch einen Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 3 Variante 2 SGB V dar und sei daher für den Arbeitnehmer unabhängig von dessen Alter beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken – und Pflegeversicherung. Gemäß Niederschrift der „Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs“ vom 20.04.2016 gehen die Sozialversicherungsträger nunmehr von einer ständigen Rechtsprechung in der Frage der beitragsrechtlichen Behandlung von Abfindungszahlungen aus. Dieser ständigen Rechtsprechung soll gemäß der Niederschrift spätestens bei Abfindungen, die nach dem 30.06.2016 ausgezahlt werden, gefolgt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine konkrete Aussage nicht getroffen bzw. keine genau Berechnung vorgenommen werden kann, was tatsächlich vom Auszahlungsbetrag übrig bleibt, sofern der Arbeitgeber dem vorzeitigen Kündigungswunsch über eine Abfindungsvereinbarung zustimmt. Über die schriftliche Ausgestaltung sollte sich der Arbeitgeber im Rahmen eine Rechtsberatung  absichern. Wir sprechen dabei häufig von einer “schädlichen Verwendung”, da der betriebliche Altersvorsorgevertrag nicht wie vom Gesetzgeber erdacht und gefördert, zur Altereinkünftesicherung  verwendet wird.


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